Karate, Nahkampf und Co.

Kampfschwimmer der Bundesmarine setzen sich in Szene.

Quelle: Das Buch "Froschmänner"

Meine persönlichen Erfahrungen und mein Trainingsstand hinsichtlich dem Nahkampf halten sich, im Vergleich zu gewissen anderen Personen, in Grenzen. Ich war in meiner Jugend in einem typischen örtlichen Kampfsportverein. Bei der Bundeswehr habe ich eine Nahkampfausbildung genossen, bei meiner Tätigkeit im Sicherheitsbereich natürlich auch Entsprechendes. Dazwischen habe ich noch diverse andere, kleinere, Ausbildungen durchlaufen.

Hinsichtlich meiner Erfahrung bzgl. körperlichen Auseinandersetzungen muss ich sagen, dass ich bereits in meiner Jugend ein sehr friedlicher Mensch war. Aber berufsbedingt musste ich mich doch sehr oft körperlich durchsetzen. Und da ich auch die Resultate unzähliger Straßenkämpfe gesehen habe konnte ich recht umfangreiche Erfahrungen sammeln. Und vor allem habe ich den sagenumwobenen und gefürchteten orangenen Gürtel erreicht.

 

Mein Fazit ziehe ich jetzt mal ausnahmsweise bereits am Anfang: Das jemand Nahkampftechniken in einem Straßen- oder "Ritualkampf" erfolgreich anwendet (egal ob als Angreifer oder als Verteidiger) ist sehr selten. Oft sind es sogar Kampfsportler mit umfangreicher Ausbildung die auf die Nase bekommen. Das liegt daran, dass man in einem Kampfsportverein einen Sport lernt. In dem Kampfsportverein meiner Jugend wurde uns ein mal im Jahr der Notwehrparagraf erklärt, das war alles was einen Bezug zu einem echten Kampf hatte, alles Andere war Sport. Ich kann es heute kaum noch fassen, was dort den Mitgliedern gelehrt wurde. Bei uns waren auch einige Hausfauen die mit Sport nichts am Hut hatten und lernen wollten wie man sich verteidigt. Wir lernten dort klassische SV-Techniken wie es heute auch noch oft üblich ist. Dort wurde uns z.B. beigebracht, dass wir einen Angriff abwehren sollen (z.B. durch einen Wurf oder Hebel) und dann in Kampfstellung zurückweichen sollen. Sollte eine dieser Hausfrauen einen Angriff eines Straßenschlägers tatsächlich abwehren können wird sie das ganz sicher kein zweites Mal schaffen. Man hätten ihnen also besser beigebracht dem Angreifer einen Stein auf den Kopf zu schlagen und dann weg zu rennen....

 

Ich habe es bereits an anderer Stelle geschrieben: Umsichtige Verhaltensweisen, der Wille kein Opfer zu werden und eine Bewaffnung sind wichtiger als viel Zeit in SV-Training zu investieren.

Was aber nicht zu vernachlässigen ist: Eine grundlegende SV-Ausbildung bringt einem Selbstvertrauen. Und Selbstvertrauen strahlt man automatisch nach Außen. Schläger suchen Opfer und interessieren sich so meist eh nicht für einen, was sehr wichtig ist.

 

In den Kampfsportvereinen wird immer davon ausgegangen, dass sich zwei Personen für einen Kampf gegenüber stehen. Aber auf der Straße wird der Aggressor aus dem Hinterhalt zuschlagen. Er redet mit einem und wartet auf den Moment wo man zur Seite blickt um zuzuschlagen, er hält das Messer verborgen in der Hosentasche usw.

Intererssanter Weise sind inzwischen sogar einige Landespolizeien komplett von den üblichen SV Techniken in der Ausbildung abgekommen und lehren nun Techniken, ähnlich dem Ringen, um Personen zu Boden zu bringen. Alles Andere wird mit "Einsatzmitteln" (Waffen) gemacht.

 

Kampfsport aller Arten ist eine sehr gute und wichtige Sache. Aber er wird immer in seiner Bedeutung überschätzt. Ein Pfefferspray für 5 Euro, das in der Hand gehalten wird, ist wesentlich wirkungsvoller als 5 Jahre hartes SV Training. Diese zugegebenermaßen provokante Behauptung stelle ich nicht ohne Grund auf, sie beruht auf viel praktischer Erfahrungen mit dem Thema.

Das beste Buch was ich über Selbstverteidigung kenne! Es geht darin darum, wie man Kämpfe vermeidet, worum es bei "Ritualkämpfen" geht und was man vor Gericht beachten muss. Und natürlich vieles mehr...

Lernt nicht bei ehemaligen Postboten oder Versicherungsvertretern mit Kampfsportschulen wie man kämpft! Lernt bei Straßenschlägern, Sicherheitsdienst Mitarbeitern, Söldnern, Soldaten und Polizisten die sich mit Gewalt auskennen! Bei dieser Gruppe von "Kampfsport Lehrern" die ich meine sehen die Techniken immer sehr gut aus. Aber ihr wollte keine rhythmische Sportgymnastik lernen, sondern das Kämpfen um Leben und Tot, und das sieht im echten Leben scheiße aus! Und wenn ein Ausbilder erzählt, dass er "die Polizei" ausbildet, ist er einfach nur einer der üblichen Schwätzer. Denn in Deutschland bilden bei den Polizeibehörden zu etwa 96% nur eigene Beamte Selbstverteidigung und Schießen aus. IdR. bedeutet diese Aussage, dass er lediglich mal 1-2 Beamte in einem privaten Probetraining hatte. Wenn Ihr eine Kampfsportschule gefunden habt fragt den Ausbilder doch einfach was er für eine Ausbildung genossen hat. Wenn er nicht bei einer Behörde gelernt hat sollte er wenigstens bei einem Sicherheitsdienst arbeiten, oder als Türsteher, dann weiß er wenigstens was wirklich funktioniert. Wenn er nichts davon vorweisen kann lasst die Finger davon und sucht eine andere Schule. Ihr wollt ja auch das Autofahren bei einem Fahrlehrer lernen und nicht bei einem Bäcker, der bisher nur Bücher über das Autofahren gelesen hat, bisher nur an seinem Computer Autofahrspiele gespielt hat, aber noch nie selber in einem Auto saß....

(Das schlimmste derartige Beispiel was ich je gesehen habe war ein "Ratgeber" über Gasrevolver auf Youtube, wo der Macher des Videos nicht mal einen "echten" Schreckschussrevolver besitzt, sondern nur einen Spielzeugrevolver. Den hält er 10 min. lang so am Lauf, dass man den roten Stöpsel an der Mündung nicht sieht).

 

Foto: Buch "Waffenlos siegen" von 1934.

 

Das lustige bei den ganzen SV Techniken und Kampfsportschulen ist, dass die Techniken sich seit Generationen nicht ändern. Bereits in Büchern aus den 30er Jahren findet man die selben Techniken wie heute. Aber fast alle Kampfsporttrainer erfinden ein "eigenes System" und geben ihnen eigene Namen. Und jeder hat "aus unterschiedlichen Systemen das Beste" raus gesucht.... Vielleicht sollte ich das auch irgendwann mal machen und eigene Konzepte erfinden, die nenne ich dann z.B.:

 

FART: Furchtbar agressives und realistisches Training

oder

FUCK: Für universelle Situationen nutzbares compakt Konzept

oder

HOMER: Hoch oder auch minder- nutzbares Emergency Reaktions System

oder

LSBTT: Leicht verständliches Selbstverteidigungskonzept für besonders tiefgehende Taktik

 

(Seit bitte nicht sauer auf mich, liebe Kampfsporttrainer. Ich meine das alles nicht böse)

 

Nachtrag: Es war ja klar, dass sich einige Kampfsportler beleidigt fühlen. Es sind halt unterschiedliche Blickwinkel, ob man etwas aus einer Turnhalle betrachtet, oder vom Hinterhof einer Großraumdisko um 05:00 Uhr morgens. Und natürlich auch, ob man seine Erfahrungen aus einem Ring hat, oder aus der Notaufnahme. Versteht mich bitte nicht falsch, ich akzeptiere auch andere Meinungen und mir ist völlig klar, dass ich nicht die "Weisheit mit Löffeln gefressen" habe. Aber hierbei zählt für mich nur die Meinung derer, die Erfahrung mit Gewalt haben (und eben nicht die von Sportlern).

Hast Du Netflix? Dann schau "Fightworld - Israel: Meister des Krieges" an. Und höre dem Militärausbilder gut zu! In diesem Bericht treffen zwei Welten aufeinander. Die eines Sportlers und die eines Soldaten. HIER, HIER und HIER sind ein paar Ausschnitte davon.

 

Nachtrag: Auch das folgende Video zeigt gut den Unterschied zwischen Sport und Kampf. Beim Sport geht es um Regeln, beim Kämpfen aber um Aggression, Gewalt, das Überwinden von Angst und das Überleben:

Beachtet bei diesem Video z.B. auch, wie geübt wird, am Boden liegende Feinde zu töten: