Es war etwa im Jahr 1900 als Selbstladepistolen derart funktionierten, dass sie am Markt Fuß fassen konnten. Abgesehen von einigen "unrelevanten" (aus Sicht des Waffenmarktes) Waffen wie der
Borchardt oder Bergmann Pistole waren es zunächst vor allem die Parabellum Pistole 1900 der Schweizer Armee und die FN 1900 in 7,65mm Browning. Die Parabellum Pistole war nun bei den
Armeepistolen wegweisend und wurde wenige Jahre später als 08 Pistole die Standartpistole Deutscher Streitkräfte. Die wesentlich kleinere FN 1900 war nur der Anfang einer Vielzahl kleiner
Taschenpistolen für den Behörden- und den kommerziellen Markt. FN bedeutet "Fabrique Nationale d'Armes de Guerre" und ist bis heute am Weltmarkt ganz weit vorne,
zusammen mit H&K. FN konnte in dieser Zeit John Moses Browning als Entwickler gewinnen. Dieser konstruierte nicht nur Waffen die den Weltmarkt bis heute beeinflussen, er konstruierte auch
Kaliber die man sich heute nicht mehr vom Markt wegdenken kann (6,35mm Browning, 7,65mm Browning oder 9mm kurz).
Wer das Geld dafür verfügbar hat sollte sich unbedingt das Buch "FN Browning Pistols" von Anthony Vanderlinden kaufen. Es ist das Standartwerk zu diesen Waffen und dient jedem Sammler als Referenz zur Bestimmung seiner Pistolen.
Die FN1900 Pistole hatte ihre Verschlussfeder über dem Lauf, was damals z.B. auch bei der Bayard oder Langenhan Pistole so gemacht wurde. Mit der FN 1910 wurde das
Schlagbolzenschloss wesentlich vereinfacht und da nun die Verschlussfeder um den Lauf gebaut wurde konnte die FN1910 viel kleiner werden (aber sie wurde dafür breiter). Etwa zeitgleich wurde auch
bei Walther damit angefangen die Verschlussfeder um den Lauf zu legen. Die Pistole wurde zunächst in 7,65mm verkauft und etwas später auch in 9mm kurz. Die Pistole war durch ihre 3 Sicherungen
(Magazin, Griffrücken und Hebel) für die damalige Zeit sehr sicher. Sie war zusätzlich sehr klein, modern und feuerstark. Auch Jahrzehnte später wurde das Wort "Browning" nicht nur als Synonym
für Taschenpistolen, sondern auch für Pistolen mit einer ähnlichen Silhouette wie bei der FN1910 verwendet.
Ein Mord der die Weltgeschichte verändern sollte ereignete sich 1914 in Sarajevo, als Franz Ferdinand mit einer FN 1910 erschossen wurde.
(Quelle des Bildes: https://de.wikipedia.org/wiki/Attentat_von_Sarajevo)
Auch wenn man es nicht so deutlich in den Comics sieht, aber für mich ist die Pistole die in Tim und Struppi zu sehen ist auch eine FN 1910.
Nebenbei sei auch noch erwähnt, dass Adolf Hitler 1923 beim Putschversuch mit seiner FN 1910 im Bürgerbräukeller in die Decke schoss. Dieser Putschversuch wurde durch die bayerische Polizei an der Feldherrnhalle niedergeschlagen.
Die kleine FN1910 wurde zwar bei einigen Streitkräften eingeführt (z.B. in Belgien und Holland), jedoch war sie bei der Polizei und als zivile Selbstschutzwaffe wesentlich beliebter. Bei den westdeutschen Länderpolizeien wurde die FN1910 noch bis in die 70er Jahre verwendet. Die Bahnpolizei verwendete die größere FN1910/22.
Um auch Militäraufträge zu bekommen wurde die Waffe vergrößert und als FN1910/22 (oder auch FN1922) auf den Markt gebracht. Die Pistole verkaufte sich in sehr großer Zahl und wurde bis weit nach dem 2. Weltkrieg hergestellt. Technisch gesehen finden wir heute die FN1910 eher langweilig, aber für Sammler kann sie sehr interessant sein. Sie wurde von unzähligen Behörden verwendet und z.B. unter deutscher Besatzung auch in der Fertigung vereinfacht, was man bei einigen Modellen deutlich sehen kann. Meist liegen sie bei den kleinen Waffenhändlern jahrelang im Regal und werden nicht beachtet und so bekommt man sie teilweise schon für weit unter 100 Euro. Selbst die seltenen und interessanten Stücke kosten meist nicht über 300 Euro.
Die 1910 Pistole in der Praxis:
Ja, sie ist wirklich klein, schlank und eignet sich sehr gut zum verdeckten tragen. Auch die Fertigungsqualität und Zuverlässigkeit ist hoch. Oben auf dem Verschluss befindet sich eine winzige, in den Verschluss gefräste, Visierung. Viel ist damit nicht anzufangen, dafür macht das die Waffe noch schlanker. Zusätzlich ist dort eine guillochen Schiene eingeschliffen, ähnlich wie bei einer Flinte. Auch diese soll das Visieren erleichtern.
Bedingt durch die geringe Größe und die schlechte Visierung ist das Treffen damit nicht so einfach. Gerade auch das Modell das ich Euch hier zeige in 9mm kurz hat einen unangenehmen Rückschlag. Dafür kann bei ihr kein Hahn in den Bereich zwischen Daumen und Zeigefinger "beißen", wie es z.B. bei der Walther PPK regelmäßig passiert. Das Schießen mit dem größeren Modell 1910/22 ist wesentlich angenehmer und präziser.
Die Schlagbolzenmechanik der Geco 1910 entspricht komplett dem scharfen Vorbild. Aber die Abzugs- und Sicherungsmechanik unterscheiden sich.
Beachtet auf diesem Foto den massiven Stahllauf ohne Schwächungen. Bei späteren Geco 1910 Varianten wurden Schwächungen und Sollbruchstellen verbaut.
Der Grund für die andere Abzugsmechanik ist in der Herkunft der Geco 1910 begründet, denn sie wurde von HS (Herbert Schmidt) hergestellt und basiert auf der HS5 Pistole.
Die FN1910 besitzt eine saubere Führung vom Verschluss und wird durch Lösen der Laufmutter und anschließendem Drehen des Laufes zerlegt. Die Geco 1910 besitzt einen winzigen Hebel hinten am
Verschluss zum Zerlegen. Dieser Hebel wurde von der Walther Mod. 9 kopiert.
Wenn man den Hebel nach oben drückt springt hinten das Verschlussstück etwa 1cm weit raus. Der
Verschluss kann nun nach hinten und oben abgehoben und dann nach vorne vom Griffstück runter geführt werden. Bei dem Modell ging das sehr schwer und ich musste statt dessen die Laufmutter
abschrauben.
Die Mündung der Geco Pistole (rechts) ist im Vergleich zu anderen SSW sehr gut gelungen. Bedenkt bei dem Größenunterschied, dass meine scharfe FN1910 in 9mm kurz ist. Die meisten davon sind in 7,65mm und der Unterschied zwischen den Mündungen ist daher meist weniger ausgeprägt wie hier.
Erst mit dem Blitzlicht wird der Unterschied zwischen beiden Waffen offensichtlich.
Abschließen möchte ich meinem Freund für das Überlassen der Geco Pistole für diesen Bericht danken. Jeder der sich für die Geschichte der Schreckschusswaffen interessiert wird keine bessere Quelle für Informationen finden als seine Seite:
Und ein anderer Freund von mir stellt seine Geco 1910 ebenfalls gerade vor, Ihr könnt auch gerne mal bei ihm vorbei schauen ;-)