Star Pistole Modell Ultrastar 9mm Parabellum

Gößenvergleich zwischen den Pistolen Ultrastar und Heckler & Koch SFP9-SK.
Gößenvergleich zwischen den Pistolen Ultrastar und Heckler & Koch SFP9-SK.

Das Coronavirus geht um und die Schießstände haben zu. Also zeige ich Euch meine neue Ultrastar Pistole im Kaliber 9mm Para ohne Schusstest. Wenn ich sie im Keller ausprobieren würde, würde mir schließlich meine Frau auf das Dach steigen (komisches Wortspiel). Man bekommt die Pistole meist auf dem Gebrauchtmarkt zwischen 180 und 350 Euro. Hergestellt wird sie schon lange nicht mehr, denn die Spanische Firma Star Bonifacio Echeverria gibt es seit 1997 nicht mehr. Die Ultrastar stellt die modernste Entwicklung der Firma dar, die von 1994, bis zur Schließung der Firma, mit 20.000 Exemplaren produziert wurde. Man kann Star sehr gut mir CZ vergleichen. Einer meiner Händler meinte mal, "dass CZ der Opel unter den Pistolen ist". Damit hat er es eigentlich ganz gut getroffen. Die Ultrastar ist vor allem von den Star Modellen 28, 30 und 31 inspiriert und stellt quasi eine verkleinerte Version davon, mit Kunststoffgriffstück dar. Ich habe mir die Pistole aus technischem Interesse gekauft, stellte aber fest, dass sie moderne Ansprüchen an eine Verteidigungspistole vollkommen erfüllt. Sie ist sehr sicher, leistungsstark und kompakt. Sie wiegt mit etwa 730g (entladen) etwas mehr als meine SFP9-SK, mit der man sie sehr gut vergleichen kann. Beide Waffen sind fast gleich groß und haben eine etwa gleich große Magazinkapazität. Das hier gezeigte Magazin der SFP9-SK hat 10 Schuss und das der Ultrastar 9. Es gibt aber noch kleinere 10er Magazine für die SFP9-SK.

 

Für jeden Sammler sind Fachbücher wichtig. Ich habe erst gestern mit einem Freund darüber diskutiert was es bedeutet wenn man als Sammler eine Waffe erwirbt, die nicht in das genehmigte Sammelthema passt. Sollte man das Standartthema "Deutsche Armeewaffen" haben, und im Gutachten ist die MAB-D nicht aufgeführt. Stellt der Kauf der MAB-D einen rechtlichen Graubereich dar (das kommt auch auf die genauen Formulierungen im Sammelplan und die Absprachen mit dem SB an). Kauf man aber eine MAB-D aus Nachkriegsfertigung, ist der Kauf idR. eine glasklare Straftat. Um solche Fehlkäufe auszuschließen sind Fachbücher unerlässlich, genau so auch zum Erkennen gefälschter Stempel. Vor etwa einem Jahr wollte mir ein Waffenhändler eine 08 Pistole mit gefälschten Stempeln verkaufen. Das Standartwerk zum Thema Star Waffen ist das sehr gute Buch "Baskische Pistolen & Revolver" von Albrecht Simon, von dem ich stolzer Besitzer bin. Eine entsprechende kostenlose Informationsquelle über Star Waffen gibt es aber auch HIER im Internet.

Star wollte die Ultrastar eigentlich etwas später auch mit doppelreihigem Magazin auf den Markt bringen. Man hatte dafür hauptsächlich den US-Markt im Blick. Aber durch das Verbot von Magazinen mit mehr als 10 Schuss, im Jahr 1994 in den USA, schien sich das für Star nicht mehr zu lohnen. Übrig blieb daher diese Konstruktion mit "Platzhaltern" im Griffstück.

Das Visierbild ist sehr klassisch für die Zeit der 90er Jahre. Es bildet aus der schwarzen Brünierung und den weißen Punkten einen ausreichenden Kontrast auf den meisten Hintergründen.

Diverses, kreuz und quer durcheinander:

An der Ultrastar fällt auf, dass sie sehr stabil gebaut ist, im Vergleich zu anderen Waffen. An ihrem Auswurffenster sind Ausfräsungen, die ein zuverlässiges Auswerfen der abgeschossenen Hülse ermöglichen. Es gibt immer wieder Waffenkonstruktionen, die solche Aussparungen nicht haben und dann störanfällig sind. Gut ist aber natürlich der vorhandene Triggerstop.

Das Durchladen der Pistole geht wegen dem niedrigen Verschluss wirklich etwas schwer.

Das Magazin fällt frei aus dem Griffstück.

Der DA- und SA-Abzug der Ultrastar ist völlig normal, wobei der DA-Abzug etwas kratzig ist. Das Abzugsgewicht habe ich bisher nicht gemessen.

Die Ultrastar unterscheidet sich von den meisten anderen Star Pistolen durch die Entspannsicherung, die sonst nur noch das Modell 31 hat. Auch die, bei Star sonst übliche, Magazinsicherung hat die Pistole nicht. Diese wurden bei den meisten Herstellern in dieser Zeit schon weg gelassen. Heute werden Magazinsicherungen aus Produkthaftungsgründen immer mal wieder bei Waffen für den US Markt eingebaut. 

Die Ultrastar soll es auch in .40 S&W gegeben haben. Davon ist mir aber noch nie eine begegnet. Das Kaliber .40 S&W war eine Zeit lange beliebt und man versprach sich davon einige Vorteile gegenüber 9mm Para. Aber es kam immer wieder zu Schäden an den Waffen, die meist die selben Verschluss- und Griffstückdimensionen hatten, wie die 9mm Para Varianten. Und wirkliche Vorteile brachte das stärkere Kaliber auch nicht.

 

Ein Fertigungsmangel:

Die Innenseite vom Griffstück schleift an der Unterseite vom Verschluss. Das stört beim Repetieren und reibt die Brünierung dort ab.

Frankonia verkaufte die Ultrastar Pistole, zur Jahrtausendwende für 568 Deutsche Mark. Im selben Jahr kostete eine Glock 19 der ersten Generation etwa 1200 Mark und eine H&K USP 1270 Mark. So wenig ich heutzutage noch eine Glock kaufen würde, war sie damals die modernste Pistole überhaupt. Aber bei dem massiven Preisunterschied würde die Star Pistole einen Preis-Leistungsvergleich eindeutig gewinnen. Die Star Pistolen sind, wie auch die von CZ, als sehr zuverlässig bekannt.

Hinten am Abzug der Ultrastar ist ein Triggerstop im Griffstück eingegossen. Vor dem Wort Ultrastar ist das Importzeichen von Frankronia, ein F über zwei W.
Hinten am Abzug der Ultrastar ist ein Triggerstop im Griffstück eingegossen. Vor dem Wort Ultrastar ist das Importzeichen von Frankronia, ein F über zwei W.

Die Sicherung und etwas Philosophie über Verteidigungspistolen

Das Sicherungssystem der Ultrastar Pistole erlaubt einige Optionen und die Waffe kann theoretisch auch gespannt und gesichert geführt werden. Wenn man den Hebel noch weiter hoch drückt entspannt die Pistole.
Das Sicherungssystem der Ultrastar Pistole erlaubt einige Optionen und die Waffe kann theoretisch auch gespannt und gesichert geführt werden. Wenn man den Hebel noch weiter hoch drückt entspannt die Pistole.

Gut an der Sicherung der Ultrastar ist, dass sie mit einer abwärtsgehenden Bewegung entsichert wird. Das ist wesentlich einfacher als umgekehrt. Bei einigen stark gebrauchten Walther PPK Pistolen ist es auch passiert, dass die Hebel von alleine in die gesicherte Position runter gerutscht sind und sie plötzlich nicht mehr gefeuert haben.

Mehr über die PP und PPK findet Ihr in meinem Bericht HIER. Absolut notwendig, bei einer Gebrauchspistole, ist eine Schlagbolzensicherung. Diese funktioniert bei der Ultrastar sogar doppelt. Der Sicherungshebel wirkt auf den Schlagbolzen und auch die automatische Sicherung, die beim Betätigen vom Abzug deaktiviert wird. Solche Waffen sind absolut fallsicher. Ich will Euch auch einen weiteren Aspekt erklären, warum ich in vielen Fällen ein Freund von Sicherungshebeln bin. Einer meiner Freunde hat eine Sig Sauer 226 Legion auf seinem Waffenschein. Und er trägt sie trotz ihrer Größe konsequent. Ihm ist es jedoch passiert, dass sich diese Pistole, die ja keinen Sicherungshebel hat, im Appendixcarry, von alleine gespannt hat! Zu der dabei entstandenen Gefahr muss ich vermutlich nicht viel erzählen... Ich selber führe ja eine Walther PPS, aber genau aus solchen Gründen trage ich sie meist unterladen. Jeder hat seine eigenen Erfahrungen, Bedürfnisse, ist anders ausgebildet usw. Aber das sind halt meine Erfahrungen, die ich weitergeben möchte. Sie entstammen nicht irgend welchen Phantasien, sondern jahrelanger praktischer Erfahrung. HIER findet Ihr meinen dazu passenden und recht umfangreichen Bericht über das Führen scharfer Waffen mit Waffenschein.

Bei den Dienstwaffen von Polizei und Militär gibt es derzeit eigentlich nur einen Standard und die meisten modernen Pistolen orientieren sich daran. Die Pistolen weisen einen immer gleichen Abzugswiderstand auf. Meist sind keine manuell zu betätigenden Sicherungshebel mehr daran vorhanden. Aber zweifellos gibt es immer noch gute Gründe sich eine DA-SA Pistole mit Sicherungshebel zu kaufen, wie ich weiter oben dargelegt habe. Viele zivile Waffenbesitzer kaufen aber ebenfalls die Pistolen aus dem Behördenbereich, ohne sich weitere Gedanken darüber zu machen. Ein schwergängiger erster Schuss, im DA-Modus, und ein Sicherungshebel bietet beim Agieren mit einer Waffe viele Vorteile. So kann eine Einsatzkraft einen Raum bei erhöhter Gefährdungslage stürmen, oder eine Festnahme an einem Fahrzeug durchführen. Eine gezogene Pistole lässt dabei ein bewaffnetes Gegenüber schnell aufgeben und zugleich kann die Pistole sehr schnell eingesetzt werden. Pistolen ala Glock sind dabei deutlich im Nachteil und oft ein Risiko. Auch für Jäger, die idR. extrem wenig Übung und Ausbildung mit ihren Kurzwaffen haben sind DA-Abzüge und Sicherungshebel oft sinnvoll. Moderne Dienstpistolen sind dafür bei plötzlichen Notwehrsituationen und mit hochwertigen Kydexholstern im Vorteil. Und wer seine Pistole sofort einsetzen können will, kann bei der Ultrastar bedenkenlos die Pistole entsichert führen, sie hat schließlich immer noch die automatische Schlagbolzensicherung und einen schwergängigen ersten Schuss. So viele Optionen bietet sonst kaum eine Gebrauchspistole. Das bedeutet auch, dass man eine gute gebrauchte Waffe für 300 Euro bekommt, und nicht 700 Euro für eine Neue ausgeben muss.

Zerlegen der Ultrastar Pistole und die "inneren Werte"

Das Zerlegen funktioniert wie bei der alten Steyr 1912, durch das seitliche raus drücken eines quer liegenden Stiftes.
Das Zerlegen funktioniert wie bei der alten Steyr 1912, durch das seitliche raus drücken eines quer liegenden Stiftes.

Zum Zerlegen wird, nach der Sicherheitsüberprüfung, dieser Bolzen seitlich raus gedrückt. Dann kann der Verschluss nach vorne abgezogen werden. Das funktioniert wesentlich einfacher und besser, als ich gedacht hatte. Es hält die Waffen schlank und die Produktionskosten niedrig. Man muss aber auch aufpassen, dass man den Bolzen nicht verliert. Interessanterweise zerlegt man die nagelneue CZ P-10 Micro genau so. Bei CZ will man damit aber auch das Sicherheitsrisiko von Schusslösern vermeiden, was Glock bis heute nicht schafft und ich HIER ausfürlich darlege.

Ihr seht hier den Vergleich zu meiner H&K SFP9-SK. Der SFP9 Verschluss ist wesentlich höher und lässt sich viel besser zum Durchladen greifen. Bei der Bedienung mit nassen, kalten oder verletzten Händen kann das schnell entscheidend werden. Zum Durchladen bei der Ultrastar reicht meist nicht das Greifen mit Daumen und Zeigefinger, sondern es ist der Griff mit der ganzen Hand erforderlich.

Das kommt daher, dass man sich durch die Verschlussführung im Griffstück, eine bessere Präzision erhoffte (die CZ75 und die SIG210 haben das auch). Die Ultrastar ist hier rechts und die SFP9 links. Auch mit der Verschlussführung auf der ganzen Länge wollte man die Präzision erhöhen.  Ihr könnt auf dem Foto oben auch noch etwas anderes sehen, was viele modernere Waffenkonstruktionen ausmacht. Die Verschlussfedern werden eingekapselt, was das Zerlegen und Zusammensetzen erleichtert. Bei den meisten Waffen macht das nur einen kleinen Unterschied aus. Aber z.B. eine TT-33 zusammenzusetzen kann ab und zu wirklich schwierig werden.

Und etwas weiteres könnt Ihr auf den Fotos sehen, den Unterschied zwischen einer Browning Verriegelung mit Steuerkulisse (Ultrastar, oder auch CZ75 und SIG 210), dem modifizierten Browning Verschluss mit Verriegelungsblock (FN High Power) und mit Kettenglied (1911 und TT-33). Beachtet bei der Beschriftung meiner TT-33 den Schreibfehler des Beschussamtes. Das Kaliber heißt richtig 7,62mm Tokarev. Eine 1911er zum Zeigen habe ich leider grade nicht da. Der Wikipedia Bericht dazu ist übrigens sehr gut und diese grundlegenden Systeme sollte jeder Schütze kennen.

John Moses Browning war einer der genialsten Waffenbauer überhaupt. Fast alle Pistolen heute weisen seine Erfindungen auf. Hier die FN High Power, TT-33 Tokarev und Ultrastar Pistole im Vergleich).
John Moses Browning war einer der genialsten Waffenbauer überhaupt. Fast alle Pistolen heute weisen seine Erfindungen auf. Hier die FN High Power, TT-33 Tokarev und Ultrastar Pistole im Vergleich).

Entschuldigt bitte meine kleine Angeberei mit diesem Foto. Hier sind die Abnahmestempel WaA613 meiner FN High Power zu erkennen, vom Offizier des Waffen-Amtes, der damals für die Überprüfung dieser Pistolen im besetzten FN Werk zuständig war. Von dieser Variante wurden lediglich 4000 Stück an die Wehrmacht geliefert und es ist damit eine sehr seltene Variante.

Warum die Beschusszeichen meiner Star verdeckt angebracht wurden weiß ich nicht. Achtet beim Kauf von Waffen immer darauf, dass sie auch beschossen sind. Nach meiner persönlichen Erfahrung sind etwa 5% der Waffen am Markt nicht beschossen, was vor allem beim Weiterverkauf ein Problem werden kann.

Macht diesen Fehler nicht:

Bis heute haben die meisten Abzugsbügel von Verteidigungspistolen eine Mulde an der Vorderseite. Damit versprach man sich eine Kompensation des Hochschlages. Das funktioniert aber in keiner Weise und man sollte niemals eine Pistole so halten. Die Pistole liegt so viel zu schwach in der Hand und bei den meisten Schützen springt der Zeigefinger bei jedem Schuss sofort vom Abzugsbügel weg und sie müssen nachgreifen. Es wird also genau das Gegenteil erreicht. Die Pistole liegt instabil, die Schüsse treffen schlechter und die Schussfolge wird langsamer. 

(kaum ist mein Bericht 1h online, bekomme ich schon Feedback von einem Berufswaffenträger, der mit dieser Waffenhaltung sehr gut zurecht kommt. Er meinte, dass sie aber nur bei großen Händen funktioniert. Nehmt also auch bitte auch seine professionelle Meinung, um Euch ein eigenes Bild zu machen)

Genau so hält man eine Verteidigungs- und Gebrauchspistole. Die Daumen müssen so, wie auf dem Bild unten, an der Pistole liegen. So kann man sie am besten festhalten und es sind auch sehr schnelle Schussfolgen möglich. Vor allem wenn man zusätzlich das Schießen mit bewusstem Trigger-Reset übt.

Da bei dieser Griffhaltung aber oft der Verschlussfanghebel vom rechten Daumen blockiert wird bleibt der Verschluss, nach dem letzten Schuss, teilweise nicht offen. Aus diesem Grund werden die Verschlussfanghebel immer kleiner, bzg. es werden sogar nur noch interne Verschlussfanghebel verbaut (wie bei der neuen russischen Armeepistole UDAV oder der nagelneuen CZ P-10 Micro).

Die Coronapandemie entspannt sich und die Schießstände machen wieder auf. Also konnte ich endlich die Ultrastar auch im scharfen Schuss testen. Ich werde es kurz halten:

Die kompakte Waffe verzeiht wenig Fehler, damit die Treffer freihändig auf 25m im Spiegel landen muss man sich konzentrieren (links auf dem Foto zu sehen). Als ich mal weniger aufgepasst hatte, verteilten sich die Treffer noch einiges weiter über die Scheibe. Der Rückstoß ist schon merklich stärker, als bei großen Dienstpistolen. Aber alles blieb im üblichen Rahmen für derartige Waffen. Störungen traten keine auf.

 

Nachtrag von 10/2020:

Ich konnte inzwischen zwei weitere Male mit der Ultrastar schießen und schätze sie immer mehr. Ich kann inzwischen problemlos auf 25m die Treffer im Spiegel der Scheibe halten. Und auch andere Schützen konnten das sofort damit. Und das ist bei so einer kleinen und günstigen Waffe wirklich nicht schlecht. Auch den sehr deutlichen und guten Druckpunktabzug mag ich. Ich hätte die Pistole fast einem Kollegen verkauft, aber zum Glück hatte er kein Interesse an Ihr (er fand sie "hässlich"?) und ich werde sie noch länger behalten.