Ich habe sie endlich, die HS4 Schreckschusspistole ohne PTB Zulassung von Herbert Schmidt. Wie alle meine EWB pflichtigen Waffen ist auch diese in meiner WBK eingetragen. Und mit Dieser ist nun meine Sammlung der verschlusslosen Schreckschusswaffen komplett. Es gab lediglich die ASS 33/6 Lacrimae und die Wadie Automatik Pistole. Das System erkläre ich in dem Bericht über die Wadie Pistole, dort findet ihr auch ein Schussvideo von mir verlinkt. Viele moderne russische Waffen zur Selbstverteidigung funktionieren aber nach sehr ähnlichen Systemen. Oft wird bei diesen eine flüssige OC-Ladung nach vorne geschossen und nicht wie hier Reizstoff vergast.
Verkauft wurde die HS4 hauptsächlich in den 50er Jahren. In den Waffen Katalogen der 60er Jahre ist die bereits nicht mehr zu finden.
Bei der HS4 Pistole ist der gesamte Rahmen aus Zinkdruckguss. Abzug, Hammer, Schlagbolzen, Sicherung, Magazinzubringer und die meisten Kleinteile sind aus Stahl. Seitlich am Rahmen befinden sich zwei aufgeschraubte Bleche , die mit der "Gas- Alarm Pistole HS4" Beschriftung, diese sind ebenfalls aus Stahl.
Das System ist denen der anderen beiden Pistolen sehr ähnlich. Die rand- und rillenlosen Kartuschen werden seitlich ins Ladefenster eingeführt und nach unten in das Magazin gedrückt. Ein Unterschied zu den anderen Pistolen ist, dass die HS4 "Rückspringschlosse" hat. Der Schlagbolzen verschwindet also komplett im Stoßboden und die oberste Kartusche befindet sich immer in Schussposition. Der Abzug funktioniert im DA. Man kann den Hahn jedoch auch von Hand spannen, was sehr schwer geht. Die Sicherung wirkt, wie meist bei solchen einfachen Waffen, nur auf den Abzug. In gespanntem Zustand kann nicht gesichert werden.
Der Lauf hat etwa 6mm Innendurchmesser und weist keinerei Sperre auf. Was jedoch sehr interessant ist, die Kartuschen liegen leicht nach unten geneigt vor dem Lauf. Das soll vermutlich einen Mißbrauch verhindern.
Was mir leider noch fehlt ist die Anleitung der HS4 Pistole.
Die HS4 verfügt, wie die Wadie Pistole auch, über keine Beschusszeichen. Ein Überdruckbeschuss ohne Kartuschenlager ist halt auch schwer durchzuführen...
Die Pistole ist recht kompakt und flach. In einer Tasche lässt sie sich angenehm tragen. Die Schiebesicherung wirkt sehr einfach und überzeugt aus heutiger Sicht natürlich nicht. Sie rastet auch in keiner Position ein.
Durch das kantige Griffstück liegt die Pistole relativ unangenehm in der Hand.
Über die Zuverlässigkeit des Systems kann ich nicht viel sagen, die Munition dafür ist einfach zu selten als dass ich große Versuche damit machen könnte. Evtl. schafft es aber mal mein befreundeter Wiederlader mir einen größeren Posten Platzpatronen dafür mit Schwarzpulverladung zu fertigen?
Das Zerlegen der Pistole erfolgt duch das Lösen einiger Schrauben und der Griffschalen.
Man kann mit der Waffe auch Spaß haben indem man mit einer Kombination aus angefertigten Alu-Rohren, Schrotzündern und 5,5mm Airsoft Kugeln scharf schießt. Das habe ich natürlich unter Beachtung aller rechtlichen Regularien des WaffG getan (Wiederladeerlaubnis, Schießstätte usw!). Ohne eine Schwarzpulverladung werden lediglich etwa die Hälfte der Hülsen ausgeworfen, da der Gasdruck recht niedrig ist. Die Geschossenergie habe ich nicht gemessen, ich schätze sie aber auf etwa 20 Joule. Da die Munition für diese Waffen seit etwa 50 Jahren nicht mehr hergestellt wird habe ich bereits bei dem Bericht zur Wadie Pistole etwas zum selber Fertigen der Munition geschrieben.
Zu beachten ist hier jedoch, dass nicht jede 8mm Lacrimae Munition (wie sie offiziell heißt) in das Magazin der HS4 passt. Es scheint wirklich so, dass die Munition für die HS4 extra von Wadie angefertigt wurde und etwa 0,5mm kürzer ist als für die anderen Pistolen. Ich konnte dies aber leider noch nicht 100%ig sicher bestätigten. Denn die Munition für die HS4 ist noch seltener als für die Wadie Pistole. Ich habe lediglich die zwei abgebildeten Schachteln oben im Bild.
Auf einer Outdoor-Schießanlage konnte ich meine HS4 testschießen (und nein, das ist nicht nur ein Spruch, das Video ist tatsächlich auf einer Schießanlage entstanden). Bei der ersten Kartusche hat nur das Zündhütchen gezündet und die Kartusche blieb verschlossen und verklemmte sich in der Waffe, da das Zündhütchen hinten raus gedrückt wurde. Die zweite Kartusche zündete, jedoch wurde auch hier das Zündhütchen hinten raus gedrückt. Das Schießen war nicht sonderlich erfolgreich. Einige Kartuschen haben gar nicht gezündet. Bedenkt dabei, dass die Munition seit etwa 50 Jahren nicht mehr hergestellt wird. Da freut es, dass sich wenigstens noch eine anständige Gaswolke gebildet hat.
Nachtrag von 10/2020:
Ich habe mit der HS4 und der ASS 33/6 einen kleinen Schusstest gemacht. Die Ergebnisse davon waren bei beiden Waffen gleich. Ich habe mit jeder Waffe etwa 3-4 Schuss abgegeben, aus der unten abgebildeten Schachtel. Die Kartuschen sahen außen einwandfrei und nicht korrodiert aus. Das ist bei diesen Knallkartuschen eigentlich auch normal, nur die Gaskartuschen korrodieren stark. Bei jeder Waffe gab es einen Klemmer, wo die Kartusche im Magazin hängen blieb und nicht in die Abschussposition rutschen wollte. Das kann auf Schwarzpulver Ablagerungen der ersten Schüsse zurück zu führen sein, wahrscheinlicher ist aber, dass es die Wadie Kartuschen etwas zu lang für beide Pistolen sind. Die Zündhütchen wurden bei einigen Kartuschen hinten etwas aus den Aluhülsen raus gedrückt, was aber auf die Funktion der Waffen keinen Einfluss hatte. Es gab bei beiden Testserien jeweils einen Zündversager, wo die Kartusche, trotz mehrmaligem Abschlagen, nicht zündete. Es gab bei der ASS 33/6 einen Zündversager, der aufgrund der schwachen Schlagfederkraft zustande kam. Beim zweiten Abziehen löste sich der Schuss.
Der Knall war wesentlich schwächer, als bei anderen Knallkartuschen. Es war deutlich zu hören, dass sie mit Schwarzpulver gefüllt sind. Es gab bei jedem Schuss einen starken Funkenflug, wie ich ihn auch bei meiner Wadie Pistole bemerkt hatte. Einige Funken sind auch in Richtung meines Gesichts geflogen. Ich werde diese verschlusslosen Waffen ganz sicher nur noch mit einer hochwertigen Schutzbrille schießen.
Fazit:
Die drei Waffen sind alle technisch und geschichtlich sehr interessant und auf dem Schießstand sorgen sie meist für jede Menge Aufmerksamkeit. Aber es ist mir doch ein Rätsel, wie sich diese Waffen in den 50er Jahren so verbreiten konnten. Natürlich ist meine Munition alt und das Schussverhalten wäre damals, vor 70 Jahren, vermutlich etwas anders gewesen. Aber auch damals war das Schießen damit sicher ebenfalls unangenehm und die Waffen unzuverlässig.